Interview: Über Splicky, programmatische Werbung und die Mad-Men-Ära

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“Die programmatische Werbung hat sich in vielen Märkten als Standard etabliert”

Ist programmatische Werbung nur was für den Onlinebereich oder auch für klassische Medien? Welche Auswirkung haben Werbeverbote für programmatische Werbung und wie viel Mensch braucht es noch neben Künstlicher Intelligenz für diese Art der Werbung? Sven Ruppert, CEO der Goldbach-Tochtergesellschaft Splicky GmbH, hat sich mit HORIZONT Swiss ausführlich über programmatische Werbung unterhalten. Auch die Geschichte von Splicky und das kleine Facelift, das die GmbH kürzlich vorgenommen hat, kam dabei zur Sprache.

Das Interview für HORIZONT Swiss führte Mia Bavandi.

Herr Ruppert, die von Ihnen 2009 gegründete Jaduda GmbH firmiert nun als Splicky. Können Sie kurz einen Überblick über die historische Entwicklung geben?

Wir haben 2009 die Jaduda ursprünglich mit einer anderen Vision gegründet. Damals wollten wir ein werbefinanziertes Bezahlsystem für digitale Verlagsinhalte und Werbetreibende etablieren. Als Vorbild dienten die in der App-Economy, die stark wuchs, sehr gängigen incentivierten App-Installs. Schlussendlich stiessen wir jedoch auf das klassische Problem der Angebot-Nachfrage-Diskrepanz. Da wir Bootstrapped unterwegs waren, haben wir das Modell gedreht und entwickelten uns zu einem Full-Service-Provider für mobiles Marketing. Wir fanden mit dem neuen Ansatz Traktion und konnten uns in der DACH-Region etablieren. Allerdings erkannten wir bald, dass wir, um skalieren zu können, eine Technologie entwickeln mussten, die den aufkommenden programmatischen Gedanken aufgriff. Alle DSPs waren damals mit dem Gedanken, Werbung auf Computern im Browser auszuspielen, konzipiert.

Aufgrund unserer Erfahrung im Mobile Marketing wussten wir jedoch, dass es grosse Unterschiede zwischen Mobile und Online gab, die insbesondere in der damaligen Zeit noch deutlich ausgeprägter waren als heute. So gründeten wir 2013 die Marke Splicky, um eine spezialisierte Plattform für programmatische mobile Werbung zu schaffen, weil Jaduda als Service-Modell nicht die gleiche Transparenz wie die programmatische Werbung bot. Splicky war die erste Plattform im deutschsprachigen Raum, die sich auf programmatische Werbung für mobile Endgeräte fokussierte.

Wie kam es 2015 zur Übernahme von Splicky als Tochtergesellschaft der Goldbach Gruppe?

Goldbach war bereits unser Kunde und erkannte das Potenzial einer tieferen Zusammenarbeit. Die Integration in die Goldbach Gruppe ermöglichte es Splicky, sich auf die Kombination verschiedener Mediengattungen wie digitale Aussenwerbung, Connected TV und digitales Audio zu konzentrieren. Eine der ursprünglichen Ideen von uns Gründern hinter der Übernahme von Splicky durch Goldbach war die Vorstellung, dass sich der Markt für Smart-TV-Apps ähnlich dynamisch entwickeln könnte wie der für Smartphone-Apps. Wir Gründer dachten, dass unsere Expertise im Bereich mobiler Kommunikation und App-Marketing in der Zusammenarbeit mit einem TV-affinen Partner wie Goldbach in diesem Kontext sehr erfolgreich sein könnte.

Nun wurde die GmbH von Jaduda in Splicky umbenannt. Was waren die Beweggründe?

Wir haben beide Marken lange parallel geführt. Der Abschied von Jaduda zu Gunsten unserer führenden Marke Splicky ist ein konsequenter Schritt, der nicht nur Verwirrungen bei unseren Kunden beseitigen soll, sondern auch unser Unternehmen klar auf das fokussierte Geschäftsmodell von Splicky ausrichtet. Die Umfirmierung stellt eigentlich lediglich den Abschluss des über die vergangenen Jahre laufenden Transformationsprozesses dar und markiert ein strategisches Erwachsenwerden.
Was uns interessiert, ist, diesen Weg zu reflektieren und zu zeigen, wie wir uns über die Jahre weiterentwickelt haben. In diesem Zuge haben wir auch unseren Brand einem kleinen Facelift unterzogen. Unser Logo und unser Farbkonzept wurden überarbeitet, die Webseite neugestaltet, und wir passen uns insgesamt etwas an.

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Innovative Technologien und massgeschneiderte Lösungen für programmatische Werbung.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit aus der Ferne zwischen den Berliner Büros von Splicky und Goldbach in Küsnacht?

Auch wenn räumliche Nähe in einigen Bereichen von Vorteil wäre, versucht Splicky, das Beste daraus zu machen, indem wir vor Ort präsent bleiben. Ein bedeutender Schritt war die Ernennung von Florian Walz zum ersten Country Director in der Schweiz, der Splicky sowohl intern wie auch extern direkt repräsentiert. Berlin ist jedoch ein wichtiger Teil unserer Identität und bietet uns auch einige Vorteile, die wir nicht missen wollen.

Wie hat sich die programmatische Werbung in den letzten Jahren entwickelt? Ist sie mittlerweile dominant, oder denkt man in der Branche auch noch in traditionellen Bahnen wie in der „Mad Men“-Ära?

Es ist spannend, dass Sie Mad Men erwähnen. Eine grosse US-DSP, MediaMath, die es in dieser Form seit einigen Jahren nicht mehr gibt, hatte vor einigen Jahren die „Math-Men“-Kampagne, und das komplette Management posierte seinerzeit im Look der Mad Men. Die Botschaft wies aber eindeutig auf den Wandel in der Branche hin: der klassische Werber als alleinige Entscheidungsinstanz ist ein überholtes Konzept. Algorithmen und Daten spielen eine immer entscheidendere Rolle für den Mediaeinkauf.

Trotzdem gibt es noch Platz für beides. Selbst in der programmatischen Welt spielen persönliche Beziehungen und Verbindungen eine wichtige Rolle. Das klassische Szenario, bei dem ein Geschäft durch persönliche Gespräche entsteht, hat auch heute noch seine Berechtigung.

Was sich jedoch stark verändert hat, ist die Relevanz der programmatischen Werbung. Ihr Anteil ist je nach Medium unterschiedlich, aber besonders in den Online-Medien ist sie enorm gewachsen und stellt mittlerweile den dominanten Einkaufsweg dar.

In welchen Bereichen sehen Sie das stärkste Wachstum von programmatischer Werbung?

Die programmatische Werbung hat sich in vielen Märkten als Standard etabliert. Insbesondere im Bereich Online-Display werden heute bis zu 75 Prozent der Werbeplätze programmatisch gehandelt. Automatisierte Prozesse sind in diesen Kanälen zur Norm geworden.
Bei traditionellen Medien, die jetzt zunehmend programmatisch erschlossen werden, steht die Entwicklung allerdings noch am Anfang. Ein Beispiel für den Fortschritt ist die digitale Aussenwerbung.

Seit Splicky 2018 in diesen Bereich eingestiegen ist, hat sich der Markt rasant entwickelt. Aktuelle Zahlen von Viooh, der programmatischen Plattform von JC Decaux, zeigen, dass in ihren Top-10-Märkten bereits 25 Prozent der Kampagnen in der digitalen Aussenwerbung programmatisch eingekauft werden – ein Anstieg von null auf 25 Prozent in nur sechs Jahren. Prognosen, etwa von PwC oder Idooh, erwarten bis 2030 einen Anteil von rund 50 Prozent. Das Wachstum im Bereich von Programmatic IDOOH unterstreicht das Potenzial klassischer Medien im programmatischen Bereich.

Werbeverbote, sei es für Tabak, Alkohol oder andere Bereiche, beeinflussen zunehmend die Möglichkeiten der Markenkommunikation. Wie wirken sich solche Regulierungen auf die programmatische Werbung aus?

Werbeverbote betreffen programmatische Werbung nicht stärker als andere Medien, da sie auf die gesamte Branche wirken. Ein größeres Problem für Splicky wären die teilweise diskutierten Verbote digitaler Aussenwerbung in Städten auf öffentlichem Grund. Persönlich kann ich den Argumenten der Befürworter nicht folgen, im Gegensatz zu anderen Mediengattungen bietet Digitale Aussenwerbung einen geringeren CO2-Footprint. Verbote würden die Einnahmen der Städte reduzieren, ohne das übergeordnete Problem des Konsumverhaltens der Bevölkerung nachhaltig zu lösen, da die Werbegelder wohl einfach auf andere Werbekanäle wie insbesondere soziale Medien verlagert werden würden.

Wie sehen Sie die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) und Automatisierung in der programmatischen Werbung?

Aktuell liegt der Schwerpunkt auf regelbasierten Algorithmen und maschinellem Lernen. Eine vollautomatisierte, KI-gesteuerte Werbung, die ohne menschliches Eingreifen funktioniert, sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht als realistisch an, davon sind wir noch ein Stück weit entfernt. Wir tun oft so, als ob wir schon weiter wären, als wir tatsächlich sind. Die menschliche Expertise bleibt entscheidend, insbesondere bei der Entwicklung von Kampagnenstrategien und der persönlichen Betreuung von Kunden.

Wie sieht die Zukunft und Splicky und jene der Werbung aus?

Splicky plant, das Angebot an Mediengattungen weiter auszubauen. Besonders im Bereich des linearen Radios und digitalen Audios sehen wir Potenzial für programmatische Ansätze. Unser geografischer Fokus bleibt weiterhin auf der DACH-Region, wobei lokale Lösungen entwickelt werden, die spezifische Marktanforderungen berücksichtigen. Ein Beispiel dafür ist die Integration des Schweizer Währungsstandards SPR+ in unsere Lösung für digitale Aussenwerbung. 

Die Zukunft der Werbung sehe ich in einer ausgewogenen Kombination aus Technologie und menschlicher Interaktion. Die programmatische Werbung wird weiterwachsen, aber die zwischenmenschliche Beziehung und der Service bleiben Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Kampagnen. Wir positionieren uns als innovativer Anbieter, der regionale Stärken nutzt und sich durch kundennahe Lösungen von globalen Wettbewerbern abhebt.

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Ruppert Sven
Sven Ruppert
CEO
Splicky GmbH - Berlin
Splicky GmbH
Berlin
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Themen: 
Programmatic Mobile, DooH, Multi-Channel-Advertising, Entrepreneurship/Startup
Sprachen: 
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