07.09.2018
Porträt von Sven Ruppert mit Titel

Treiber und Hemmer bei Programmatic DOOH

Programmatische Aussenwerbung sorgt für Aufschwung im Digital-out-of-Home-Bereich. In unserem Expertentalk wollen wir mehr über das Thema Programmatic in der Aussenwerbung erfahren. Dafür haben wir Michael Baum (Director DACH, Goldbach Group) sowie Sven Ruppert (Managing Director, Jaduda/Splicky) eingeladen.

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Programmatische Aussenwerbung sorgt für Aufschwung im Digital-out-of-Home-Bereich. In unserem Expertentalk wollen wir mehr über das Thema Programmatic in der Aussenwerbung erfahren. Dafür haben wir Michael Baum (Director DACH, Goldbach Group) sowie Sven Ruppert (Managing Director, Jaduda/Splicky) eingeladen.

Sven, wieso wächst der DOOH-Bereich zurzeit so stark?

Sven Ruppert: Die Anzahl der Screens hat sich in den letzten Jahren massiv gesteigert. Eigentlich ist bei allen Pitches, die die Städte oder auch Verkehrsbetriebe ausschreiben, die Anforderung da, dass Digital out of Home prominent eingebunden sein soll. Diese Anforderung entspricht einem starken Bedürfnis nach digitaler Aussenwerbung und stellt aktuell eines der Hauptthemen dar.

Alte Plakatstellen bleiben sehr häufig stehen und werden oftmals ergänzt, manchmal werden sie aber auch wirklich von neuen Screens abgelöst. Durch neue Investitionen in die Infrastruktur seitens der Vermarktern werden bestehende Screens oft besser mit Internet, wodurch mehr vermarktbares Inventar entsteht. Grundsätzlich sehen wir einen Trend, der dahin geht, dass Aussenwerbung am Gesamtwerbemarkt mehr partizipiert als in den vergangenen Jahren.

Das heisst, es handelt sich nicht nur um eine Verschiebung der Budgets, sondern es werden auch ganz neue Flächen geschaffen? Macht es das interessanter in DOOH-Werbung zu investieren?

Sven Ruppert: Vermarkter können davon profitieren, dass sie DOOH als eines der letzten verbliebenen Massenmedien positionieren können. Das macht es bei den Werbekunden entsprechend attraktiver, weswegen grundsätzlich mehr Budget in den Markt fliesst. Wir können tatsächlich die Entwicklung beobachten, dass zwar die klassische Aussenwerbung etwas stagniert, aber durch die Steigerung bei DOOH insgesamt ein Wachstum erfährt.

Wenn man die prozentualen Werte betrachtet, dann fällt die Wachstumsrate in Bezug auf Programmatic ziemlich gross aus. Aber betrachtet man die absoluten Werte, steckt der Markt für Programmatic Advertising im Bereich DOOH noch in den Kinderschuhen.

Im programmatischen DOOH-Markt gibt es viele Herausforderungen. Stichwort „Homogenität in der Play-out-Technologie“ oder „SSP-Technologien“. Jedes Netzwerk, jeder Betreiber hat für diese Probleme eine eigene Lösung und es haben sich erst wenige klare Marktstandards etabliert. Sind das Herausforderungen, um jetzt auch flächendeckend die Reichweiten an eine DSP anzuschliessen?

Sven Ruppert: Absolut, wir waren schon mal in einer ähnlichen Situation. Wir haben im Jahre 2013 unsere DSP für Mobile gebaut. Verglichen mit den jetzigen Entwicklungen im DOOH-Bereich, haben wir sicherlich einen gravierenden Unterschied, den wir am Anfang gar nicht so genau einschätzen konnten. Wir haben damals vier, fünf, sechs grosse Integrationen aufgebaut mit Unternehmen wie Twitter, Google und so weiter, bei denen die globale Reichweite sofort gegeben war. Nun stellen wir fest, dass es weniger globale Unternehmen gibt, die in vielen Märkten Reichweite einfach offerieren können. Es ist sehr häufig so, dass wir mit national operierenden Organisationen zu tun haben, die in gewissen Märkten teilweise sogar nur regional vertreten sind.

Es gibt unglaublich viele Anbieter und auch bei den grossen Unternehmen stellen wir fest, dass sie nicht immer eine homogene technologische Infrastruktur vorweisen können. Teilweise ist das Betriebssystem auf ihren Screens von mehreren Anbietern, die dann wiederum unterschiedliche Anforderungen an das Thema „Programmatic“ oder überhaupt an die Ausspielung der Werbung haben. Dazu kommt auch die Tatsache, dass wir vor allem bei kleinen Vermarktern zwei Situationen vorfinden. Einerseits kann es teilweise sein, dass sie gar nicht die Besitzer oder Betreiber der Screens sind. Das heisst, dass diese Betreiber und Besitzer wiederum weitere Unternehmen in der Wertschöpfungskette sind, die ebenfalls einen Einfluss auf die Standards haben. Eine weitere Schwierigkeit ist die teilweise suboptimale technische Infrastruktur, z.B. in punkto Internetkonnektivität, was Prozesse in der programmatischen Ausspielung erschwert.

Ihr seid in Deutschland in Verbänden organisiert. Ist man dort um eine Marktlösung bemüht oder gibt‘s Entwicklungen hin zu Standards?

Sven Ruppert: Grundsätzlich sehen wir das eigentlich in jedem Markt, in dem wir aktiv sind: Die Verbände versuchen, das Ganze zu stabilisieren. Auf der einen Seite haben wir in Deutschland beispielsweise den DMI (Digital Media Institute), auf der anderen Seite aber auch internationale Verbände wie die IAB (Interactive Advertising Bureau) und Ähnliche, die versuchen, Standards zu etablieren. Die Verbände sind sich teilweise nicht ganz einig, was die gemeinsam zu erreichenden Ziele sein sollen. Ausserdem finden wir in Deutschland grosse Unternehmen, die nicht im DMI aktiv sind und versuchen, eigene Standards zu setzen. Man kann also feststellen, dass der Markt sehr dynamisch ist, andererseits ist man grundsätzlich bemüht, den Agenturen eine Landschaft zu bieten, die ein Stück weit vergleichbar sein soll.

Schweiz und Österreich werden demnach vom IAB verbandstechnisch unterstützt?

Sven Ruppert: Ja, dies ist momentan unsere Sicht der Dinge. Aktuell haben wir sicherlich in der Schweiz die Situation, dass es mehr der IAB ist, der versucht, Themen zu standardisieren, aber auch grössere Unternehmen versuchen Standards mitzubestimmen. Eine ganz klare Marktlinie können wir zurzeit in Österreich und in der Schweiz noch nicht unbedingt erkennen.

In einem Markt wie Grossbritannien hat man sich Vermarkter-übergreifend auf einen Datenbank-Standard geeinigt, den nun alle Vermarkter versuchen, zu berücksichtigen, so dass alle Player und Screens mehr oder weniger in einer einheitlichen Datenbank geführt werden. Solche Situationen erleichtern Programmatic DOOH.

Im europäischen Vergleich ist Holland ein Vorzeigebeispiel des Digital-out-of-Home-Marktes. Was erleichtert es den holländischen Marktteilnehmern schneller voranzukommen als der Rest Europas?

Sven Ruppert: Erstens ist Holland ein etwas kleineres Land, was an sich natürlich teilweise für neue Entwicklungen von Vorteil sein kann. Ausserdem ist das Land sprachlich weniger fragmentiert als z.B. die Schweiz mit ihren verschiedenen Sprachräumen. Der Markt ist zudem von Amsterdam aus zentral organisiert. Dazu gibt‘s in den Niederlanden eine sehr aktive Gründer- und Tech-Community. Grundsätzlich sehen wir auch dort: Es gab sehr viel frühes Investment in das Thema. Die Vermarkter haben dazu beigetragen, indem sie ihre Infrastruktur für Programmatic ein Stück weit vorbereitet haben. Wir sehen auch, dass der Markt nicht ganz so stark von einem Player dominiert wird, sondern ein Zusammenspiel von verschiedenen Playern ist, die ungefähr den gleichen Marktanteil aufweisen. Diese Ausgewogenheit hilft, wenn es darum geht, eine Art Marktlösung zu finden, da die im Interesse aller diese Player liegt.

Wie wird sich der DOHH-Markt in den nächsten fünf Jahren entwickeln?

Sven Rupppert: Ich denke, dass er generell wachsen wird. Ich glaube auch, dass wir viele unserer Visionen bis dann umsetzen können, dass wir datengetrieben und mehr oder weniger in Echtezit verschiedene Werbemotive austauschen können. So schaffen wir es, anhand von Daten und cleveren Konzepten Medien miteinander zu synchronisieren.