“Wenn man sich auf Third-Party-Cookies verlässt, gibt es keine echte Beziehung zum Kunden”
Als einer der First Mover im Schweizer Markt hat Goldbach gemeinsam mit dem Schweizer Technologieunternehmen Decentriq und unter Einsatz von dessen Data-Clean-Room-Technologie eine cookielose Alternativlösung für Werbetargetings konzipiert. Nach fast zwei Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit haben wir mit Juan Baron (JB), Director Business Development & Strategy bei Decentriq und Ines Feltscher (IF), Data Product Consultant bei Goldbach neXT, über Data Onboarding und die wichtigsten Learnings aus den ersten Kampagnen gesprochen.
Herr Baron, Frau Feltscher, weshalb ist Data Onboarding aus Ihrer Sicht eine Antwort auf Cookieless Future?
JB: Es dreht sich alles um das Thema Datenqualität. Die Abschaffung der Third-Party-Cookies macht es für Marken schwieriger, Zielgruppen anzusprechen und die Kampagnenperformance zu tracken. Marketingprofis waren aber schon lange skeptisch, denn wenn man sich auf Third-Party-Cookies verlässt, gibt es keine echte Beziehung zum Kunden. Mit Data Onboarding mittels Data Clean Rooms können Marken hingegen echte Kundendaten nutzen, um ein hochwertigeres und effektiveres Targeting durchzuführen – und das unter vollständiger Einhaltung der Datenschutzstandards. Dazu gehören auch Second-Party-Daten von Anbietern mit bestehenden Kundenbeziehungen, die ebenfalls im Data Clean Room mitwirken können.
IF: Goldbach hat sich seit mehreren Jahren proaktiv auf die Abschaffung von Third-Party-Cookies vorbereitet. Nebst kontextuellen Targeting-Lösungen legen wir grossen Wert auf die Nutzung von First-Party-Daten. Durch die Data-Onboarding- und die Data-Clean-Room-Technologie können wir diese mit den wertvollen Insights von unseren Werbekunden kombinieren und so die Effizienz unserer Targeting-Lösungen langfristig sichern und steigern. Zudem ist Goldbach als Vermarkterin Teil der Initiative OneID, der Publisher-übergreifenden Werbe-ID für die Schweiz.
Gehen wir in die Praxis: Welche Voraussetzungen muss ein Kunde mitbringen, der an einem Data Onboarding interessiert ist?
JB: Marken müssen über ein robustes CRM-Programm verfügen, um überhaupt First-Party-Daten beitragen zu können. Dies ist typischerweise in mittleren bis grossen Unternehmen gegeben. Verfügen Unternehmen wie z.B. Konsumgüterhersteller nicht über genügend First-Party-Daten, können diese über Datenpartner mit eigenen Kundenbeziehungen, in diesem Fall den Einzelhandel, beschafft werden.
IF: Unsere Werbekunden sind im Allgemeinen sehr darauf bedacht, die Privatsphäre ihrer Kunden zu schützen und die höchsten Datenschutzstandards einzuhalten. Dank der Datenschutzgarantie von Decentriq sehen Datenschutzbeauftragte in den Unternehmen in der Regel keine Gefahr und haben bisher das Data Onboarding mit Goldbach auch immer genehmigt.
Gibt es bestimmte Branchen, die sich für ein Data Onboarding besser eignen als andere?
JB: Es gibt keine Einschränkungen hinsichtlich der Branche – wir haben mit Automobilunternehmen, E-Commerce-Unternehmen und Konsumgütermarken gearbeitet, aber auch mit stark regulierten Branchen wie Banken, Versicherungen und Telekommunikation. Wir hatten sogar eine Zusammenarbeit mit dem VBS: Dank der Nutzung von Microsoft Azure Confidential Computing in unseren Data Clean Rooms können wir nachweisen, dass sensible Daten vollständig privat bleiben.
IF: Data Onboarding ist für unsere Kunden noch recht neu. Wir sind gerade dabei, die Lösung in verschiedenen Branchen einzuführen und fokussieren deshalb auf die Best Practices für die spezifischen Bedürfnisse, um ein massgeschneidertes Angebot gewährleisten zu können.
Welche Erfolge konnten Goldbach und Decentriq mit Data Onboarding schon verzeichnen?
IF: Fünfzehn grössere Marken haben über uns etwa 20 Kampagnen mit Data Onboarding durchgeführt. Darunter befinden sich einige der grössten Finanzdienstleister und Automobilunternehmen, die in der Schweiz Werbung machen. Wir haben auch mehrere globale Agenturen in die Kampagnen eingebunden. In Bezug auf die Leistung konnten wir nahezu die Verdoppelung von Engagement Rates und Steigerungen der Conversion Rates von über 50% beobachten. Bei einem Kunden aus dem Bankensektor beispielsweise hat sich die Klickrate mehr als verdoppelt, die Seitenaufrufe sind um fast 30% gestiegen, während der Cost-per-View in etwa halbiert wurde.
JB: Insgesamt stellen wir fest, dass eine engere Datenbeziehung sowohl für Marken als auch Publisher Vorteile bringt. Marken profitieren, weil ihre Kampagnenleistung erheblich verbessert wird – sie können endlich sicher sein, dass sie durch die Nutzung ihrer First-Party-Daten die richtigen Personen ansprechen. Und wenn sie sehen, wie ihre Daten im Publisher-Universum repräsentiert sind, gewinnen sie neue Informationen über ihre eigenen Kunden, deren Verhalten und Neigungen. Publisher, insbesondere Premium-Publisher-Vermarkter wie Goldbach, profitieren, weil sie echte Beziehungen zu ihren Leser*innen haben. Diese Beziehungen wurden durch Qualitätsjournalismus über viele Jahrzehnte aufgebaut, was nun durch bessere Zielgruppen-Segmentierung noch effektiver erfolgen kann. Wir erwarten also ganz klar positive Effekte für alle Involvierten.
Was waren bisher die wichtigsten Learnings aus der Zusammenarbeit?
JB: Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die Nutzung von First-Party-Daten auf diese Weise etwas völlig Neues ist – für Marken und Agenturen wie auch für die Publisher selbst. Ähnlich wie ein Muskel, von dem man vorher nichts wusste und den man nun aufbauen muss. Goldbach hat nach über einem Jahr Data Onboarding viel Erfahrung gesammelt, die nun zur Anwendung kommt. Eine grossartige Erkenntnis für uns war, dass die Performance die Erwartungen übertrifft: Wir haben einen Anstieg von 30 bis 60% bei den wichtigsten Zielwerten auf Markenseite im Vergleich zu klassischen Targeting-Ansätzen beobachtet. Durch Learnings und Optimierung von Folgekampagnen sind sogar noch bessere Ergebnisse denkbar.
IF: Speziell hinsichtlich des Kampagnen-Setups haben wir festgestellt, dass Data-Onboarding-Kampagnen manchmal einen anderen Ansatz erfordern als klassische Targetingkampagnen. Data Onboarding ermöglicht es, hochspezifische Zielgruppen basierend auf Produkt- oder Markeninteresse zu definieren, so dass wir darauf achten müssen, die Auslieferung damit nicht allzu stark einzuschränken. In der ersten Phase einer Kampagne ist Flexibilität essentiell, beispielsweise hinsichtlich Kampagnenformaten, Platzierungen und Laufzeit. Diese Flexibilität ermöglicht es, Strategien effektiv zu optimieren und zu verfeinern. Um die besten Ergebnisse zu erzielen, ist zudem die offene und transparente Zusammenarbeit von Kunde, Agentur, Decentriq und Goldbach entscheidend.
Was erwartet uns in Zukunft?
IF: Wir haben jetzt die Testphase hinter uns und es hat sich gezeigt, dass die Nutzung von First-Party-Daten wirklich funktioniert. Unser Ziel für die Zukunft ist es daher, das Data Onboarding weiterhin zu optimieren und soweit zu vereinfachen, dass es eine Lösung wird, die mit minimalem Aufwand eingesetzt werden kann.
JB: Insgesamt geht es uns darum, eine Plattform aufzubauen, die einer Marke hilft, Kampagnen mit eigenen First-Party-Daten durchzuführen. Je grösser der Mehrwert, den wir durch den First-Party-Datenabgleich, die Insights, die Aktivierung und Messung schaffen können, desto besser. Das ist unser Ziel. Konkret könnte dies beispielsweise bedeuten, die Plattform um Daten von vertrauenswürdigen Partnern zu erweitern und so noch reichhaltigere Insights fürs Targeting zu entwickeln.
Dann sind wir gespannt, was da noch kommt. Herzlichen Dank für das Gespräch.
Begriffe zum Thema
Third Party Cookies: Infos zu Interessen und Surfverhalten
Third-Party-Cookies sind Datenpakete, die von Websites auf dem Computer gespeichert werden. Sie sammeln Domain-übergreifend Informationen über das Surfverhalten. Im Online-Marketing wurden diese Daten lange genutzt, um personalisierte Werbung zu schalten, die auf die Interessen der jeweiligen User*innen zugeschnitten ist. Diese bilden auch die Grundlage für Retargeting-Kampagnen, die mit dem Wegfall der Third-Party-Cookies so nicht mehr durchgeführt werden können.
Data Onboarding: Aktivierung von Kundendaten auf einer Online-Marketingplattform
Beim Data Onboarding handelt es sich um eine Lösung, die mittels Data-Clean-Room-Technologie gezielte Werbekampagnen ermöglicht. Es erleichtert den Abgleich und die Aktivierung von Daten von Werbetreibenden innerhalb des Goldbach-Netzwerks unter Einhaltung der geltenden Datenschutzbestimmungen. Die Lösung basiert auf First-Party-Daten aus den CRM-Systemen von Werbetreibenden und aus Daten von Publishern zu Verhalten und Demographie ihrer Nutzer*innen und kommt somit ohne Third-Party-Cookies aus.
Data Clean Room: Der sichere Hafen für First-Party-Daten
Beim Data Onboarding kommt dem Data Clean Room eine besondere Bedeutung zu. Dabei handelt es sich um eine sichere Umgebung, in der Daten verschiedener Parteien abgeglichen und analysiert werden können, ohne dass sensible Informationen zugänglich gemacht werden. Diese sichere Umgebung ermöglicht es, präzise Zielgruppen zu identifizieren, zu erstellen und diese effektiv mit einer Goldbach-Kampagne zu erreichen.
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