11.01.2024
WEMF-PAC_Interview.png

«Diese Zertifizierung ist für die gesamte Branche relevant»

Am Schweizerischen Medienforschungstag 2023 präsentierten die WEMF und Goldbach die Better Prediction Initiative (BPI) und das erste daraus entstandene Produkt, den Prediction Accuracy Check (PAC). Im Interview mit Dr. Marc Sele, Executive Director of Data and Tools der WEMF, spricht Thomas Plattner, Director Agency Sales / Dep. Managing Director bei Goldbach, über ihre Pionierrolle und über die konkreten Ergebnisse des ersten PAC-Zertifikats. 

Guten Tag, Thomas Plattner. Warum wirkt Goldbach an der Better Prediction Initiative (BPI), der Initiative für Transparenz im Online-Werbemarkt, mit? Ist dies eine Folge des absehbaren Endes von 3rd-Party-Cookies?
Als direkte Folge des nahenden Endes von 3rd-Party-Cookies würden wir unsere Teilnahme an der BPI nicht bezeichnen. Wir beschäftigen uns schon seit einigen Jahren mit dem Thema «Qualität und Transparenz in der Online-Auslieferung» und haben in der Vergangenheit immer wieder entsprechende Ansätze realisiert, nicht selten bevor diese dann Marktstandard wurden (z. B. EdAA Trust Siegel, TCF, Viewability mit Digital Ad Trust Switzerland usw.). 
Insofern ist es aus unserer Sicht nur folgerichtig, auch den Bereich der Predictions für unsere Kundschaft greifbarer zu machen, da dies von vielen Kundinnen und Kunden noch als «Black Box» wahrgenommen wird. Die Initiative der WEMF ist für uns daher genau der richtige Ansatz, um die Qualitätsdiskussion mit unseren Kundinnen und Kunden auf ein neutrales und extern validiertes Fundament zu bringen. 

Mit der Teilnahme am Prediction Accuracy Check (PAC) als erstes Angebot der BPI nahm Goldbach eine Pionierrolle ein. Beim PAC geht es um die Validierung und Verifizierung von Online-Targeting-Predictions. Was sagen Sie zu den ersten Resultaten in Ihrem Zertifikat?
Seitens Goldbach sind wir sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Insgesamt einen Score von fast 90 von maximal 100 Punkten zu erzielen, ist ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann!

Ganz konkret: Welche Daten liess Goldbach validieren? Und welche werden es in Zukunft sein? 
Wir haben die Prediction-Ergebnisse zu Alter und Geschlecht der 20-Minuten-Plattformen zum einen separat, zum anderen zusammen mit den grössten (und bereits bei der WEMF vorhandenen) Plattformen des Goldbach-Display-Netzwerks mit den WEMF-Daten verglichen. Dabei wurden aggregierte Alters- und Geschlechtsverteilungen pro Plattform verglichen und geprüft, wie ähnlich diese Verteilungen sind. In Zukunft werden wir unter Umständen weitere Plattformen ergänzend einbeziehen können – und sofern bereits möglich, auch weitere Netzwerke.

Welche Ergebnisse haben Sie positiv überrascht?
Beim Merkmal «Geschlecht» erzielten wir gar einen Score von über 97, was auf eine sehr hohe Qualität der Prediction schliessen lässt. Das hat unsere Erwartungen doch klar übertroffen.

Und welche Learnings haben sich ergeben?
Beim Merkmal «Alter» liegen wir leicht tiefer, was bei mehr einzubeziehenden Altersgruppen einerseits methodisch bedingt ist, andererseits haben wir hier aber auch Punkte ausgemacht, wo noch geringfügiges Optimierungspotenzial liegt.

Wie hat Ihre Kundschaft reagiert, als Ihr die Zertifizierung durch die WEMF verkündet habt?
Von unserer Werbekundschaft haben wir sehr viel interessiertes und positives Feedback erhalten. Man anerkennt den Wert einer solchen Zertifizierung und erkennt auch die Relevanz für die Gesamtbranche. Wir hoffen daher, dass weitere Player mitziehen, um damit die Transparenz im Markt noch weiter zu verbessern.

Um am PAC teilzunehmen, musste Goldbach Einblick in ihre Datenstrukturen geben. Das sind Informationen, die normalerweise sehr stark geschützt werden. Wie war es, der WEMF diese Türen zu öffnen?
Zugegeben, wir mussten über unseren Schatten springen. Einem Aussenstehenden Zugang zu solchen Informationen zu gewähren, war für uns neu und ungewohnt – auch wenn es sich bei der WEMF um ein bekanntes und seriöses Währungsforschungsinstitut handelt. Doch kommt es äusserst selten vor, dass sich unsere Datenspezialistinnen und -spezialisten mit Dritten auf einer solchen Ebene austauschen. Es hat daher neben rechtlichen Checks viel Zeit und Engagement beider Seiten gebraucht und man musste sich mit Fragen und Analysen einander annähern. 

Hat sich aus Ihrer Sicht die Teilnahme am PAC gelohnt und würdet ihr euch nochmals diesem Prüfprozess unterziehen?
Absolut. Dem Markt im Bereich Prediction und Targeting mehr Sicherheit zu geben, also mehr Licht in die «Black Box» zu bringen, war den Aufwand mehr als wert. Und selbstverständlich ist es uns ein Anliegen, mithilfe erneuter Prüfung unserer Predictions neue Insights zu erhalten, ob und wie sich neue Daten und unsere Optimierungsarbeiten auf die Resultate auswirken.   

Wie sieht Goldbach die Zukunft der Online-Werbung in der Schweiz in Anbetracht des steigenden Drucks von grossen internationalen Playern, die dem Markt keinerlei Transparenz bieten?
Der Druck ist in der Tat enorm. Daher ist es aus unserer Sicht äusserst wichtig, klare Qualitäts- und Transparenzthemen im Schweizer Online-Werbemarkt nach Kräften zu unterstützen und zu fördern. Wir wollen hier ein klares Zeichen setzen – denn im Endeffekt soll die Kundschaft klar erkennen können, warum sie bei uns bucht. Darum hat dieses Zertifikat, das aus diesem längeren Prozess entstanden ist, eine entsprechend hohe Bedeutung.

Mit dem SWA und dem LSA unterstützen zwei grosse Branchenverbände die BPI. Was braucht es aus Ihrer Optik, damit die Initiative zu einer Branchenlösung wird?
Es braucht die Bereitschaft weiterer Schweizer Player im Online-Werbemarkt, die Initiative zu unterstützen und an der Zertifizierung teilzunehmen. Wir sind der festen Überzeugung, dass es mit dieser Transparenzoffensive für die Werbekundschaft einfacher wird, mehr Sicherheit bezüglich Targeting-Qualität bei ihren Buchungen zu erhalten.