17.01.2022
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"Ich würde jeden Werbefranken vermissen, der nicht mehr in ein Schweizer Medium investiert werden kann"

In der kommenden Volksabstimmung entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über das Massnahmenpaket zugunsten der Schweizer Medien. Die Vorlage sieht die Stärkung der einheimischen Medien durch diverse (finanzielle) Massnahmen vor (siehe Infobox unten). 

Bundesrat und Parlament empfehlen ein Ja, ebenso die Branchenverbände KS/CS Kommunikation Schweiz, SWA Schweizer Werbe-Auftraggeberverband und die Verlegerverbände SCHWEIZER MEDIEN, MEDIAS SUISSES und STAMPA SVIZZERA. Doch was bringt die Vorlage aus Sicht der Werbebranche mit sich? Wir haben mit Stefan Wabel, Geschäftsführer vom Verlegerverband SCHWEIZER MEDIEN, gesprochen. 

 

Herr Wabel, die Schweiz stimmt am 13. Februar über das Massnahmenpaket zugunsten der Schweizer Medien ab. Warum braucht es diese finanzielle Unterstützung überhaupt?

Die Schweizer Medien übernehmen eine wichtige gesellschaftliche und staatspolitische Funktion: Sie informieren die Bevölkerung tagtäglich mit zuverlässigen und relevanten Informationen. Sie stellen kritische Fragen. Sie sorgen für Meinungsvielfalt und ermöglichen wichtige Debatten. Kurz gesagt: Unabhängige Medien sind das Fundament unserer direkten Demokratie. Gleichzeitig sind die privaten Schweizer Medienunternehmen in den letzten Jahren enorm unter Druck geraten. Zum einen durch drastisch wegbrechende Werbeeinnahmen, zum anderen durch steigende Kosten für Vertrieb und Papier. Dazu kommen notwendige, kostenintensive Investitionen in die digitale Transformation, um das Geschäftsmodell in eine neue, digitale Welt zu überführen. Daher haben Bundesrat und Parlament die auf sieben Jahre befristete Überbrückungsfinanzierung beschlossen. Wird diese nun abgelehnt, nimmt der Druck auf die Medien weiter zu. Mit der Folge, dass Leistungen abgebaut oder Preise erhöht werden. Zudem können wichtige Investitionen für die notwendige digitale Transformation nicht vollzogen werden. 

 

Soweit zur Sicht der Medien. Inwiefern ist die Annahme des Medienpakets aber für die Werbebranche wichtig?

Das Medienpaket stärkt den Qualitätsjournalismus, die Informationsversorgung und die Medienvielfalt in der Schweiz. Oder aus Sicht des Werbeauftraggebers ausgedrückt: Das Medienpaket sichert zum einen Angebotsvielfalt und Reichweite, um die gewünschte Zielgruppe zu erreichen − und das auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene. Zum anderen gewährleistet das Medienpaket glaubwürdige Umfelder, in denen Werbung Beachtung findet. Sei es nun in Printmedien, Onlinemedien oder auch bei Lokalradios und Regionalfernsehen. Und schliesslich: Das Medienpaket stärkt die Demokratie. Davon profitieren unsere Gesellschaft und die Wirtschaft gleichermassen. 

 

Was würde eine Ablehnung des Pakets für Werbetreibende konkret bedeuten?

Ein Nein zum Medienpaket schwächt die heutige Informationsversorgung und die Medienvielfalt. Das bedeutet für die Werbeauftraggeber: weniger Auswahl, weniger Reichweite, weniger attraktive Werbeumfelder und weniger Innovation.  

 

Stellen Sie also fest, dass sich Firmen in Zusammenhang mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung wieder bewusster werden, dass sie mit ihrem Werbefranken auch zur Meinungsvielfalt und zum Qualitätsjournalismus beitragen oder zählt einzig der Return on Marketing?

Es ist Fakt, dass Werbeeinnahmen einen wichtigen Teil zur Finanzierung des journalistischen Angebotes beitragen. Dieses Bewusstsein ist sicherlich vorhanden, wenn auch die Erreichung der Werbe- und Kommunikationsziele für jeden Werbeauftraggeber oberste Priorität haben. Das ist nachvollziehbar. Gerade in den Regionen wird aber der Wert von regional verankerten Medien sicherlich erkannt. Denn diese sind unersetzbare Plattform und Stimme für eine ganze Region, auch für Unternehmen, KMU-Betriebe und das Gewerbe. Und diese immens wichtige Funktion der Medien soll mit dem Medienpaket gestärkt werden. 

 

Noch eine letzte Frage: Welche regionale Printwerbung würden Sie vermissen, wenn das Referendum durchkommt und das Lokalblatt aus Ihrer Gemeinde in Zukunft nicht mehr produziert würde?

Ich würde jeden Werbefranken vermissen, der nicht mehr in ein Schweizer Medium investiert werden kann, sei es nun im Print, Online oder in Radio und TV. Denn die Abwanderung der Werbeeinnahmen zu globalen Plattformen bedeutet auch, dass die Wertschöpfung aus der Schweiz ins Ausland abfliesst.

 

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Was beinhaltet das Massnahmenpaket zugunsten der Medien?

Mit dem Medienpaket soll die seit Jahrzehnten bestehende und bewährte Presseförderung mit neuen Massnahmen ergänzt und um 100 Millionen Franken pro Jahr ausgebaut werden. Dazu kommen maximal 51 Millionen Franken aus der bestehenden Radio- und Fernsehabgabe. Unterstützt werden mit den Fördergeldern private Print- und Onlinemedien, ebenso regionale Radio- und TV-Stationen. Dazu kommen allgemeine Massnahmen für die Gesamtbranche (Nachrichtenagentur Keystone-SDA, Schweizer Presserat, Journalistenausbildung) wie auch die Unterstützung für Publikationen von Vereinen, Stiftungen und Parteien. 

 

Geförderte Schweizer Medienlandschaft

Karte der Schweizer Medienlandschaft